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Unser Team-Kollege Yasuyuki arbeitet seit Oktober 2022 von Japan aus fĂŒr uns und berichtet von dort ĂŒber seine spannenden EindrĂŒcke und Erfahrungen. In seinem vierten Blogbeitrag geht es um Maskottchen und wie sie in Japan und Deutschland wahrgenommen werden.
Konnichiwa (ăăă«ăĄăŻ). In Japan hat fast jedes namhafte Unternehmen eines, in Deutschland werden sie manchmal eher als kindlich oder albern wahrgenommen: Firmenmaskottchen. Warum ist man in Japan so fasziniert von den niedlichen, lustigen und oft flauschigen Kreaturen, wĂ€hrend man sie in Deutschland nur selten sieht? Woran das liegt, wohin die aktuellen Marketingtrends hinsichtlich Maskottchen im Online-Marketing sich derzeit bewegen und wie unser eigenes Maskottchen âLinoâ entstanden ist, erzĂ€hle ich euch in meinem neusten Blogbeitrag.
In Japan sind Firmenmaskottchen weit mehr als bloĂe Marketing-Tools. Sie sind integrale Bestandteile der Unternehmenskultur und tragen maĂgeblich zur Emotionalisierung der Marke bei. Maskottchen sind so prĂ€sent, dass sie oft einen festen Platz in der Unternehmensstruktur haben, manchmal sogar mit eigenen "Positionen" und BĂŒros. Sie dienen als ein Mittel zur Differenzierung auf einem oft ĂŒbersĂ€ttigten Markt und helfen, eine nachhaltige Beziehung zu Kunden aufzubauen.
Die PopularitĂ€t und der Einfluss von japanischen Firmenmaskottchen âYuru-charaâ (ăăăăŁă©) reichen weit ĂŒber die Landesgrenzen hinaus. Beispielsweise hat "Hello Kitty" von Sanrio mittlerweile eine Reihe von Luxusprodukten und sogar Flugzeugdesigns inspiriert. "Kumamon", das Maskottchen der PrĂ€fektur Kumamoto, hat geschĂ€tzte Einnahmen in Milliardenhöhe generiert, und das nicht nur durch den Verkauf von Merchandising, sondern auch durch verstĂ€rkten Tourismus in der PrĂ€fektur. Selbst die Tokyo Metro hat mit "Tama" ein Maskottchen, das Reisende ĂŒber U-Bahn-Regeln informiert.
Die Tradition von Firmenmaskottchen in Japan ist eng mit der kulturellen Vorliebe fĂŒr alles verknĂŒpft, was "kawaii" (niedlich) ist. UrsprĂŒnglich waren diese Maskottchen einfache Werbeikonen, aber im Laufe der Zeit haben sie sich zu vollwertigen kulturellen PhĂ€nomenen entwickelt. Viele von ihnen, wie "Pikachu", haben die Grenzen des Unternehmensmarketing ĂŒberschritten und sind zu festen Bestandteilen der japanischen (und weltweiten) Popkultur geworden.
Die Praxis, Firmenmaskottchen in Japan zu verwenden, lĂ€sst sich bis ins 20. Jahrhundert zurĂŒckverfolgen und erlebte in den 1970er Jahren durch den Aufstieg von Figuren wie "Hello Kitty" einen Boom. In den 2000er Jahren erhielt das PhĂ€nomen durch die Verbreitung von Internet und sozialen Medien einen weiteren Schub, zum Beispiel durch viral gewordene Videos, Online-Marketing oder Memes. Mittlerweile gibt es sogar Wettbewerbe und Auszeichnungen wie den "Yuru Kyara Grand Prix", bei dem die beliebtesten Maskottchen gekĂŒrt werden.
Die Gestaltung eines erfolgreichen Firmenmaskottchens in Japan ist eine komplexe Aufgabe, die weit ĂŒber das bloĂe Zeichnen einer niedlichen Figur hinausgeht. Oft werden Fachleute aus den Bereichen Psychologie, Marketing und Design konsultiert. Es wird auch darauf geachtet, dass das Maskottchen eine "Hintergrundgeschichte" und eine Persönlichkeit hat, die die Verbindung mit den Konsumenten stĂ€rkt. Das Design muss nicht nur ansprechend sein, sondern auch praktisch genug, um in verschiedenen Formaten, von PlĂŒschtieren bis hin zu digitalen Avataren, umgesetzt zu werden.
WĂ€hrend japanische Maskottchen oft als kulturelle Symbole gelten, haben sie in Wirklichkeit eine breitere und vielfĂ€ltigere Funktion. Viele reprĂ€sentieren kulturelle, historische oder natĂŒrliche Besonderheiten einer Region, dienen jedoch auch der Tourismusförderung, indem sie auf regionalen Produkten und Werbematerialien erscheinen. DarĂŒber hinaus werden sie fĂŒr die Ăffentlichkeitsarbeit von staatlichen oder gemeinnĂŒtzigen Organisationen eingesetzt. Nicht zu vergessen ist ihre Rolle in der Unterhaltung, sei es in TV-Shows, Videogames oder anderen Medienformaten.
In Deutschland haben Firmenmaskottchen dagegen eine weniger ausgeprĂ€gte PrĂ€senz als in Japan, doch auch hierzulande erfĂŒllen sie wichtige Funktionen in der Markenkommunikation. Im Unterschied zu Japan sind Maskottchen in Deutschland jedoch hĂ€ufiger in bestimmten Branchen wie dem Sport, dem Tourismus oder dem Freizeitbereich zu finden.
Deutsche Maskottchen sind in der Regel weniger stark kulturell verwurzelt und nehmen eher die Rolle von Unterhaltungsfiguren oder SympathietrÀgern ein. Sie dienen der Identifikation und Emotionalisierung und sollen die Aufmerksamkeit der Zielgruppen auf das jeweilige Unternehmen, Produkt oder Event lenken.
In der traditionellen seriösen deutschen Arbeitskultur sind niedliche Maskottchen eher unĂŒblich. Dieser Umstand hĂ€ngt sicherlich damit zusammen, dass solche Figuren in Deutschland eher mit Spiel und Freizeit assoziiert und daher grundsĂ€tzlich anders wahrgenommen werden als in anderen Kulturen.
Dabei fĂ€llt auch ins Gewicht, dass in Deutschland Spiel und Arbeit oft noch als GegensĂ€tze interpretiert werden und in den Köpfen daher die Assoziation âArbeit = ernstâ herrscht und dem gegenĂŒber zu groĂer Verspieltheit schnell als nicht ernst oder gar unseriös aufgefasst wird.
Dementsprechend steht man bei uns auch Maskottchen im Freizeit- und Sportbereich etwas offener gegenĂŒber als in konservativeren Arbeitsbereichen. Einige der populĂ€rsten Maskottchen in Deutschland stammen aus dem Sportbereich, darunter "Berni" vom FC Bayern MĂŒnchen und "Hermann" von Werder Bremen. Im Freizeitbereich erfreuen sich Charaktere wie "Ed Euromaus" aus dem Europa-Park oder die Maskottchen diverser Zoos groĂer Beliebtheit.
Aber auch abseits von Sport und Freizeit findet man Maskottchen, wie zum Beispiel den "OBI Biber" der groĂen deutschen Baumarktkette Obi. Auch den âSpee Sparfuchsâ oder der âFruchttigerâ sind tierische Maskottchen, die frĂŒher regelmĂ€Ăig in TV-Werbespots ĂŒber unsere Bildschirme getanzt sind.
Dass Maskottchen durchaus auch in Deutschland SympathietrĂ€ger sein können, beweisen bekannte Beispiele, wie der GoldbĂ€r von Haribo, das Michelin-MĂ€nnchen und der Spee-Fuchs. Sie zeigen, wie erfolgreiche Maskottchen zur Kundenbindung beitragen und der Marke oder dem Produkt einen bestimmten Charakter verleihen, auch wenn sie nicht zwingenderweise auch âeigenstĂ€ndigâ oder unabhĂ€ngig von dem Produkt, fĂŒr das sie stehen, kommunizieren.
In den letzten Jahren zeigt sich in Deutschland ein Trend zur stÀrkeren Integration von Firmenmaskottchen in die Online-Kommunikation. Manchmal kommen auch animierte Figuren in sozialen Medien zum Einsatz oder sie werden in Apps eingebunden oder gar zum Star einer eigenen App gemacht, z.B. in Form eines Spiels.
Vielleicht erinnern sich einige von euch noch an Karl Klammer oder âClippyâ, die hilfreiche, ikonische BĂŒroklammer aus dem Textverarbeitungsprogramm MS Word. NatĂŒrlich fragt man lieber âClippyâ um Rat, statt die Hilfeseite manuell zu durchsuchen. Streng genommen war âClippyâ natĂŒrlich kein Maskottchen, aber es ist ein gutes Beispiel dafĂŒr, wie man eher trockene Themen in eine verspielte, und intuitivere Erfahrung verwandeln kann.
Nach diesem Vorbild versucht man heute zum Beispiel Chatbots im Kundendienst eine Comic-hafte und zum Unternehmen passende IdentitĂ€t zuzuweisen. So kann man erreichen, dass sich der Chat mit einer KI âmenschlicherâ oder zumindest âspielerischerâ anfĂŒhlt und dadurch weniger negativ wahrgenommen wird. Ein Beispiel dafĂŒr ist Olli99, das Maskottchen der WĂŒrzburg Baskets. Wer dem Basketballteam auf Facebook eine Nachricht schickt, spricht mit Olli99 â dahinter steckt natĂŒrlich ein KI-gesteuerten Chatbot.
Auch bei Tutorials, in Schulungsvideos oder direkt in die Software integriert, werden Maskottchen oder digitale Figuren nach wie vor gerne verwendet, um durch den Lernprozess aufzulockern und die Navigation zu erleichtern.
Um die vielfĂ€ltigen Einsatzmöglichkeiten eines Maskottchens einmal selbst auf die Probe zu stellen und uns als Agentur herauszufordern, haben wir beschlossen, selbst eines zu entwickeln. Unser brandneues, digitales Firmenmitglied âLinoâ steht uns jetzt zur VerfĂŒgung und transportiert durch sein Aussehen schon eine groĂe Portion âl.i.n.e. communicationâ.
Das Design unseres Maskottchens ist das Ergebnis grĂŒndlicher Ăberlegungen und zielt darauf ab, unsere UnternehmensidentitĂ€t auf kreative und einprĂ€gsame Weise widerzuspiegeln. Wir haben uns fĂŒr einen Puma, also einen Berglöwen, entschieden.
Eindrucksvolle Begegnung: Unser Chef Andreas ist in seinem Urlaub in SĂŒdamerika bei einer Wanderung auf einen echten Berglöwen (Puma) getroffen.
Er steht fĂŒr QualitĂ€ten wie AgilitĂ€t, StĂ€rke und ĂŒberlegte Klugheit, die wir als Unternehmen verkörpern möchten. Die subtilen, aber durchdachten Details im Design haben unterschiedliche Bedeutungen.
Nach einer internen Abstimmung aller Mitarbeitenden wurde das Firmenmaskottchen auf den Namen âLinoâ getauft.
Um einen kleinen Einblick in den kreativen Prozess zu vermitteln, teilen wir ein paar Skizzen mit euch, die in der Entstehungsphase entworfen wurden.
Ab sofort können wir uns ĂŒberlegen, wo wir unser Maskottchen einsetzen können. Vielleicht auf unserer Webseite als digitalen Ansprechpartner? Auf Visitenkarten? Auf Weihnachtskarten, als SchlĂŒsselanhĂ€nger oder PlĂŒschtiere, die wir unseren GeschĂ€ftspartnern schenken? Oder gibt es demnĂ€chst sogar eine Reihe von Lino-Stiften und Blöcken bei uns im BĂŒro?
Wir sind gespannt darauf, wie Lino in der Ăffentlichkeit ankommen wird und freuen uns darauf, ihn bald in unseren Auftritt einbinden zu können.
Vielleicht sollten wir in Deutschland versuchen, grundsĂ€tzlich etwas weniger distanziert und konservativ mit dem Thema umzugehen. Sicherlich lassen sich viele Konzepte rund um Maskottchen auch fĂŒr den deutschen Markt lokalisieren. Der Gedanke der Unvereinbarkeit von Verspieltheit und Arbeit hĂ€lt sich hartnĂ€ckig, aber gerade jĂŒngere Generationen (Gen Z und Millennials), die mit Computer-, Handy- und Konsolenspielen aufgewachsen sind, könnten empfĂ€nglich fĂŒr eine Ănderung in diese Richtung sein. Je nach Zielgruppe und Produkt sollten Maskottchen also nicht direkt als lĂ€cherlich abgetan, sondern unter UmstĂ€nden ernsthaft in ErwĂ€gung gezogen werden â als Randfigur oder sogar als Kern einer Marketingstrategie.
Aber gerade jĂŒngere Generationen (Gen Z und Millennials), die mit Computer-, Handy- und Konsolenspielen aufgewachsen sind, könnten empfĂ€nglich fĂŒr eine Ănderung in diese Richtung sein. Je nach Zielgruppe und Produkt sollten Maskottchen also nicht direkt als lĂ€cherlich abgetan, sondern unter UmstĂ€nden ernsthaft in ErwĂ€gung gezogen werden â als Randfigur oder sogar als Kern einer Marketingstrategie.
In Deutschland gibt es also einen Platz fĂŒr Maskottchen im Marketing. Sie spielen eine wichtige Rolle, die sich mit der Zeit und den Medien verĂ€ndert und entwickelt â wenn auch im Rahmen eines anderen kulturellen und geschĂ€ftlichen Kontexts als in Japan. Sie sind ein vielseitiges Werbeinstrument und können dazu beitragen, den Wiedererkennungswert zu erhöhen und eine emotionale Verbindung zwischen Marke und Konsumenten herzustellen.
Ich werde euch auf jeden Fall berichten, wie es mit âLinoâ weitergeht, aber im nĂ€chsten Beitrag soll es erstmal um Weihnachten und Neujahr in Japan gehen. Es gibt nĂ€mlich viele Gemeinsamkeiten, aber auch viele spannende Unterschiede, ĂŒber die ich einiges erzĂ€hlen kann.
Bis zum nÀchsten Mal,
euer Yasuyuki.
Vielseitig, technikbegeistert und neugierig â Yasuyuki macht vor kaum einer Herausforderung halt und landet so nicht nur unsere Drohne, sondern auch Web-, Video- und 3D-Inhalte zielgenau auf den Punkt.